1225 Jahre - und noch viel älter

Die heutige Gemeinde Echzell entstand in den Jahren 1970 bis 1972 im Zuge der Gemeindegebietsreform, bei der die ehemals selbstständigen Orte Bingenheim, Bisses, Echzell, Gettenau und Grund-Schwalheim zur Großgemeinde Echzell zusammengeschlossen wurden.
Seit der Jungsteinzeit (ab etwa 5000 v. Chr.) kann durch archäologische Funde eine nahezu lückenlose Besiedlung des Echzeller Raumes nachgewiesen werden. Neben Funden aus der Bandkeramischen und Rössener Kultur sind insbesondere Siedlungsspuren der Michelsberger Kultur (5.-4. Jt. v. Chr.) mehrfach nachgewiesen. Auch die zahlreichen im Echzeller, Bingenheimer und Gettenauer Wald erhaltenen Hügelgräber gehören aufgrund der zumeist schon im letzten Jahrhundert geborgenen Funde vereinzelt bereits der spätesten Jungsteinzeit (Schnurkeramische Kultur) an. Weitere Hügel wurden in der mittleren Bronzezeit (16.-13. Jh. v. Chr.) und besonders in der Endphase der späten Bronzezeit (Urnenfelderkultur) im 9. und 8. Jh. v. Chr. angelegt. Andere Grabhügel sowie viele Siedlungsfunde stammen aus der älteren Eisenzeit (Hallstattzeit. 8.-5. Jh. v. Chr.).
1897 erfolgte der Anschluß an das Bahnnetz Friedberg-Nidda. Bingenheim ist seit 1018 nachweisbar. Von den 1357 übertragenen Stadt- und Marktrechten wurde kein Gebrauch gemacht. 1648 bis 1681 bestand die Landgrafschaft Hessen-Bingenheim unter Landgraf Wilhelm Christoph, der der Lateinschule in Echzell eine Spitzenstellung verschaffte. In den Jahren 1650 - 1661 fanden unter seiner Herrschaft zahlreiche Hexenprozesse statt.

1681 wurde die Landgrafschaft in ein Hessisches Amt umgewandelt. Seit 1950 ist das ehemalige Landgrafenschloß Sitz der Lebensgemeinschaft Bingenheim e. V., Heim, Schule für Seelenpflegebedürftige Menschen. Ihr ist ein Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie angegliedert.
In einer Urkunde von 1260 wird Gettenau zum ersten Mal genannt. Die Kirche mit achteckigem Chor, Staffelgiebel und Dachreiter stammt aus spätgotischer Zeit. Der Schlußstein im Türbogen trägt die Inschrift »cum deo MCCCCLXXXV«. Vom Ende des 1. Jahrhunderts bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts bildete Echzell einen Grenzort des römischen Reiches. Eines der größten Limeskastelle (5,2 ha) mit einer Besatzung von I000 Soldaten, davon die Hälfte beritten, unterstreicht die strategische Bedeutung des Ortes. Nach dem Abzug der Römer besiedelten zunächst Alemannen, ab dem 6. Jahrhundert Franken die Wetterau.

Die Kerngemeinde Echzell wird 782 erstmals in einer Schenkungsurkunde Karls des Großen an das Kloster Fulda urkundlich erwähnt. Im Mittelalter gehörten bereits alle Ortsteile der heutigen Großgemeinde zur fuldischen Mark.
In der mit ihren ältesten Teilen aus der Karolingerzeit stammenden ev. Kirche wurden Fresken aus dem 14. Jahrhundert freigelegt. Bereits seit 1530 bestand die später berühmte Lateinschule. Auf das Jahr 1742 geht die Errichtung des landgräflichen Jagdschlosses zurück, das zeitweise als Forsthaus diente und heute ein staatlich anerkanntes Privatgymnasium beherbergt.
Auf Grund großer wirtschaftlicher und sozialer Missstände kam es 1722 vereinzelt zu Auswanderungen nach Ungarn, 1836 nach Polen und in den Folgejahren zu einer großen Auswanderungswelle nach Nordamerika.
Die Entstehung von Bisses fällt vermutlich in die Zeit von 800-900 n.Chr. Die schmucke kl. Kirche mit der »silbernen Glocke«, die nur an Weihnachten und Neujahr läutet, zeigt spätgotische Bauelemente.
Von Grund-Schwalheim ist bekannt, daß der Hof bereits vor 1129 dem Augustinerkloster Schiffenberg bei Gießen und in dessen Nachfolgeschaft von 1323-1809 ununterbrochen dem Deutschen Orden gehörte. Im Jahre 1777 wurde der Schwalheimer Hof auf vier bäuerliche Familien aufgeteilt.

Mit der Aufnahme von nahezu 1500 Evakuierten und vor allem Heimatvertrieben nach dem 2. Weltkrieg erlebte der Raum Echzell eine bisher nicht gekannte Bevölkerungsexplosion. Sie war schließlich Auslöser für die recht frühzeitige Inangriffnahme der Neubausiedlung am »Preulen« (1948). Ein rühriges Gemeindeleben fand seinen Niederschlag u. a. in der Errichtung der kath. Kirche (1956), der Wetterauschule (heute Kurt-Moosdorf-Schule - 1957) und des Gemeindekindergartens (1959).
Die Folgejahre waren geprägt von dem beharrlichen Bemühen, die kommunale Infrastruktur entscheidend zu verbessern. Ein besonderes Augenmerk wurde hierbei auf den Ausbau des Ortsstraßennetzes und die Erneuerung der Kanalisation gelegt. Ende der sechziger und in den anschließenden siebziger Jahren erfuhr Echzell eine großzügige Baulanderschließung.
Inzwischen als Großgemeinde mit dem Status eines Kleinzentrums ausgewiesen, erhielt die imposante Weiterentwicklung insbesondere mit dem Bau der Horlofftalhalle (1979) und dem Sportzentrum (1981), der Umgestaltung des Platzes zwischen der evangelischen Kirche Echzell und dem Kindergarten (1985), sowie der Wiederherstellung der »Zehntscheune« in der Lindenstraße mit Neugestaltung des Vorhofes und des ehemaligen Apothekergartens (1986), dem neuen Bauhof (1990) sowie der gründlichen Sanierung des sog. »Beamtenhauses« in der Hauptstraße mit reich verziertem Fachwerk (1990) und dem neuen Bürgerzentrum im OT Bingenheim (1991 ), auffällige Dominanten.

In 1987 fanden die Kerngemeinde Echzell und der OT Gettenau Aufnahme in das Landesprogramm zur Erneuerung der hessischen Dörfer. Ein Schwerpunkt gleich zu Beginn der Dorferneuerung, die sich bis heute auch in zahlreichen privaten Sanierungsmaßnahmen äußerst positiv auf das gesamte Ortsbild niedergeschlagen hat, stellt der Rückbau der Ortsdurchfahrt (L 3188) mit kräftiger Durchgrünung der verbreiterten Nebenflächen dar. Weitere fruchtbare Impulse für eine sinnvolle Dorferneuerung werden aus dem vorliegenden Dorfentwicklungsplan erwartet.
Die weiteren erfolgreich gestalteten Jahre waren gekennzeichnet von Baugebietsausweisungen (Erweiterung "Rotkopf" 1992, "Mitteltor" und "Vor der Freihub" 1994 sowie Gewerbegebiet Grund-Schwalheim 1997). Eine hervorzuhebende Baumaßnahme stellt das gemeinsame Feuerwehrgerätehaus der Wehren von Echzell und Gettenau dar(1994). Ein besonderer Hintergrund ließ die Gemeinde die zentral gelegene Gaststätte "Solmser Hof" erwerben und zu einem Restaurant mit Hotelbetrieb ausbauen (1993/1995). Als letzte Fördermaßnahme im ausgelaufenen Dorferneuerungsprogramm erfolgte der Umbau des ehemaligen Molkereigebäudes zu einem Kindergarten und zur Kulturwerkstatt (1997/98). Fast nahtlos fand der Übergang des Landesprogramms zur Dorferneuerung auf den Ortsteil Bingenheim statt (1998). Ein erster mit der Bürgerschaft erarbeiteter Maßnahmenkatalog steht in den kommenden Jahren zur Realisierung an.